TextüberlieferungÜber Vita vergilii - V. Brown 1998 : Vita Suetonii / Donati vom 4. Jh. die älteste Biographie.
G. Brugnoli-F. Stok, "Fontes ad vitam Vergilii pertinentes," Enciclopedia Virgiliana 5** (Rome 1991) 427–540.
List of MSS in M. Geymonat, "Codici," Enciclopedia Virgiliana 1 (Rome 1984) 831–38; G. C. Alessio, "Medioevo Tradizione manoscritta," ibid. 3 (Rome 1987) 432–43; A. Petrucci, "Papiri" ibid 3 (Rome 1987) 964–65.
Brown gives 35 new lives as addition to the Enciclopedia.
Derivative aspect of the vitae composed after the Vita Donati is well known (N. M. Horsfall, "Virgil: His life and times" in Companion to the study of Virgil (Leiden 1995) 4.
Most prefer the Servian type of prologue as opposed to Aristotelian (four causes - efficient, material, formal, final) (Brown 176).
Despite the dependency on Vita Suetonii Donati and Donatus Auctus still looming presence, many report new information (Brown 177).
Beschreibung und Einordnung des BuchschmucksDie Anfangsseite der “Bucolica”, die sicherlich mit Illuminationen und vielleicht auch mit einem Wappenschild versehen war, fehlt in diesem Codex. Ein mit Bianchi girari-Bordüren geschmücktes Folio ist danach zu Beginn des zweiten Textes, der “Äneis”, auf fol. 60r erhalten geblieben. Die Bordüren zieren den Seitenspiegel dieses Blattes zu drei Seiten, wobei die Weißranken sich um zwei parallele Goldleisten winden, die an den Eck- und Endpunkten sowie auf mittlerer Höhe und in der Mitte des unteren Bordürenstreifens Flechtwerkknoten bilden. Der im Flechtwerk des Bas-de-page eingefügte, tropfenförmige Wappenschild wurde vergoldet. Die heute darauf sichtbaren, vagen Farbspuren lassen keine weitere Aussage bezüglich eines Vorgängerwappens zu. Hermann vermutete, dass sich an dieser Stelle und wohl auch auf dem nunmehr verlorenen ersten Blatt dieses Codex keine eingemalten Wappen befunden haben (Hermann 1932 , 34). Der vergoldete Schild wird von zwei sitzenden Putti flankiert, die mit Orgelportativ und Harfe musizieren. In den Zweigen sitzen außerdem drei Fantasievögel und zwei spielende Hunde. Die Ranken nehmen ihren Ursprung unterhalb des goldenen Schildes. Dort wachsen zwei kräftige, sich nach links und rechts ausbreitende Rankenstämme aus einer großen Blattknopse. Die sich mit jeder Verzweigung verjüngenden Ranken sind gelegentlich mit Manschetten versehen, des weiteren jedoch ohne Unterbrechungen durch trichterförmige Nodi angelegt. In ruhig kreisenden Bewegungen winden sie sich um die Goldleisten; um jene der beiden senkrechten Leisten links sind sie betont symmetrisch und regelmäßig geflochten. Aus den Rankenzweigen wachsen rundliche Knospen und schmale, gewellte, mit zartem Gelbton lavierte Blätter, deren Enden sich schneckenförmig eindrehen. Bianchi girari-Bordüren und auch -Initialen sind stets dunkelblau hinterlegt, wobei der blaue Hintergrund den Konturen der Blätter kaum folgt, sondern orthogonal ausgerichtete, geradlinige Ränder bildet. Die Zwischenräume der Ranken füllte der Illuminator in blauer, rosa und mintgrüner Farbe. Besonders aufwändig gestaltete er die Enden der Bordüren rechts oben und unten, aus denen kräftige grüne - dennoch streng ornamental gruppierte - Zweige mit bunten Fantasieblüten und Kornblumen wachsen; dazwischen eingestreut einige Goldtropfen, die mit Tintendekor zu zarten Blumenarrangements komponiert wurden. Nicht nur Form und Farbe der Rankenbordüren, auch die relativ wenig modellierten, hellen Putti sind charakteristisch für diesen Illuminator. Er verwendete sie auch zur Belebung der großen Bianchi girari-Initiale A zu Beginn des Äneis-Textes und schloss damit unverkennbar an die Kunst des Bartolomeo d’Antonio Varnucci an, vgl. Paris, Bibliothèque nationale de France, Latin 1703, um 1440/45, oder Paris, Bibliothèque nationale de France, Latin 9325, dat. 1456 (Guernelli 2021 ).
Eine weitere Arbeit des Meisters von Cod. 92 ist im undatierten Codex Paris, Bibliothèque nationale de France, Italien 580 überliefert (Giovanni Boccaccio, Teseida, angefertigt im Auftrag des Pascasio Diaz Garlon [um 1420–1499], Bibliothekar und Schatzmeister des Königreichs Neapel). Die Seitenränder der “Teseida” wurden von vier Illuminatoren mit Bianchi girari-Schmuck versehen: Der Dekor der ersten Seiten wurde zunächst Giovanni d’Antonio Varnucci (1416–1457) zugeschrieben, der gemeinsam mit seinen Brüdern Bartolomeo und Chimenti eine florierende Werkstatt bei der Badia Fiorentina betrieb (die Zuschreibung an Giovanni basiert allerdings noch auf älterer Literatur, s. De Marinis 1952; Levi d’Ancona 1962; Garzelli 1985). Von diesem Meister stammen hier die Bordüren auf fol. 1r und 4r. Von Gioacchino de Gigantibus wurden danach fol. 23r, fol. 61v, fol. 76r verziert (Johannes Rieß bzw. aus Ries bei Rothenburg, dok. 1450–1485, s. Pasut 2004). Von Hand des Meisters, der Cod. 92 illuminierte, stammen die meisten Verzierungen der “Teseida”, nämlich jene auf fol. 33v, fol. 34v, fol. 35v, fol. 36v, fol. 48v, fol. 136r, fol. 152r und fol. 164v. Von einem weiteren Mitarbeiter, dessen Formenvokabular jenem Filippo Torellis (1409–1468; s. Cod. 170) ähnlich ist, wurden fol. 86v, fol. 106v fol. 124v verziert.
Die Bianchi girari des ersten Meisters der “Teseida” stimmen stilistisch vollkommen mit jenen überein, die auch die undatierten “Trionfi e Rime” des Francesco Petrarca zieren (Florenz, BNC, Pal. 192). Diese wurden ursprünglich Giovianni Varnucci zugeschrieben (s. bspw. Garzelli 1985, 29), von Angela Dilon Bussi jedoch überzeugend Battista di Niccolò da Padova zugeordnet, der nachweislich seit 1447 in Florenz mit den Brüdern Varnucci sowie mit Zanobi Strozzi und Ser Ricciardo di Nanni für die Domopera zusammengearbeitet hatte (der jüngere Ricciardo hat von ihm gelernt und viel übernommen, z.B. die Vögel, die den Betrachtern ihr Brustgefieder präsentieren, aber auch das Motivrepertoire für die Gestaltung der Weißranken). Angesichts der Lebensdaten Battistas, der 1452 verstorben ist, datierte Dillon Bussi die “Trionfi” um 1450 (Dillon Bussi 1998, 110). Diese Datierung geht auch mit der Tatsache überein, dass Gioacchino de Gigantibus hier ebenfalls am Buchschmuck mitwirkte (fol. 51r und fol. 169r). Letzterer schuf kurz danach die Verzierungen des (Pseudo-)Aristoteles-Bandes für Papst Nikolaus V. (†1455), woraus wir schließen, dass er noch vor 1455 von Florenz nach Rom übersiedelt ist (dazu genauer in der Beschreibung zu Cod. 292; BAV, Vat. lat. 2096). Sowohl die “Teseida” als auch die “Trionfi” mussten daher in Arbeit gewesen sein, als sich der bayerische Kalligraph Gioacchino de Gigantibus noch in Florenz aufhielt. Eine stilistisch zugehörige, zur Gänze von Battista di Niccolò da Padova illuminierte theologische Sammelhandschrift (BAV, Vat. lat. 348; dat. 1449) unterstützt die Datierung der genannten Codices um 1450 bzw. in die frühen 1450er Jahre.
Cod. 92, den Hermann Julius Hermann zunächst in das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts datierte (Hermann 1932, 33), war ohne Zweifel ein Produkt der Varnucci-Werkstatt der Zeit um 1450. Dafür sprechen die oben beschriebenen motivischen Übernahmen und Rankenformen aus dem Werk des Bartolomeo Varnucci sowie auch die zahlreichen kleineren, kräftig gelb konturierten Blattgold-Initialen dieses Codex, die gleichermaßen typisch für die auf ornamentiertem Grund liegenden Blattgold-Initialen in Paris, Bibliothèque nationale de France, Italien 580 und Florenz, BNC, Pal. 192 sind.
TextüberlieferungÜber Vita vergilii - V. Brown 1998 : Vita Suetonii / Donati vom 4. Jh. die älteste Biographie.
G. Brugnoli-F. Stok, "Fontes ad vitam Vergilii pertinentes," Enciclopedia Virgiliana 5** (Rome 1991) 427–540.
List of MSS in M. Geymonat, "Codici," Enciclopedia Virgiliana 1 (Rome 1984) 831–38; G. C. Alessio, "Medioevo Tradizione manoscritta," ibid. 3 (Rome 1987) 432–43; A. Petrucci, "Papiri" ibid 3 (Rome 1987) 964–65.
Brown gives 35 new lives as addition to the Enciclopedia.
Derivative aspect of the vitae composed after the Vita Donati is well known (N. M. Horsfall, "Virgil: His life and times" in Companion to the study of Virgil (Leiden 1995) 4.
Most prefer the Servian type of prologue as opposed to Aristotelian (four causes - efficient, material, formal, final) (Brown 176).
Despite the dependency on Vita Suetonii Donati and Donatus Auctus still looming presence, many report new information (Brown 177).
Beschreibung und Einordnung des BuchschmucksDie Anfangsseite der “Bucolica”, die sicherlich mit Illuminationen und vielleicht auch mit einem Wappenschild versehen war, fehlt in diesem Codex. Ein mit Bianchi girari-Bordüren geschmücktes Folio ist danach zu Beginn des zweiten Textes, der “Äneis”, auf fol. 60r erhalten geblieben. Die Bordüren zieren den Seitenspiegel dieses Blattes zu drei Seiten, wobei die Weißranken sich um zwei parallele Goldleisten winden, die an den Eck- und Endpunkten sowie auf mittlerer Höhe und in der Mitte des unteren Bordürenstreifens Flechtwerkknoten bilden. Der im Flechtwerk des Bas-de-page eingefügte, tropfenförmige Wappenschild wurde vergoldet. Die heute darauf sichtbaren, vagen Farbspuren lassen keine weitere Aussage bezüglich eines Vorgängerwappens zu. Hermann vermutete, dass sich an dieser Stelle und wohl auch auf dem nunmehr verlorenen ersten Blatt dieses Codex keine eingemalten Wappen befunden haben (Hermann 1932 , 34). Der vergoldete Schild wird von zwei sitzenden Putti flankiert, die mit Orgelportativ und Harfe musizieren. In den Zweigen sitzen außerdem drei Fantasievögel und zwei spielende Hunde. Die Ranken nehmen ihren Ursprung unterhalb des goldenen Schildes. Dort wachsen zwei kräftige, sich nach links und rechts ausbreitende Rankenstämme aus einer großen Blattknopse. Die sich mit jeder Verzweigung verjüngenden Ranken sind gelegentlich mit Manschetten versehen, des weiteren jedoch ohne Unterbrechungen durch trichterförmige Nodi angelegt. In ruhig kreisenden Bewegungen winden sie sich um die Goldleisten; um jene der beiden senkrechten Leisten links sind sie betont symmetrisch und regelmäßig geflochten. Aus den Rankenzweigen wachsen rundliche Knospen und schmale, gewellte, mit zartem Gelbton lavierte Blätter, deren Enden sich schneckenförmig eindrehen. Bianchi girari-Bordüren und auch -Initialen sind stets dunkelblau hinterlegt, wobei der blaue Hintergrund den Konturen der Blätter kaum folgt, sondern orthogonal ausgerichtete, geradlinige Ränder bildet. Die Zwischenräume der Ranken füllte der Illuminator in blauer, rosa und mintgrüner Farbe. Besonders aufwändig gestaltete er die Enden der Bordüren rechts oben und unten, aus denen kräftige grüne - dennoch streng ornamental gruppierte - Zweige mit bunten Fantasieblüten und Kornblumen wachsen; dazwischen eingestreut einige Goldtropfen, die mit Tintendekor zu zarten Blumenarrangements komponiert wurden. Nicht nur Form und Farbe der Rankenbordüren, auch die relativ wenig modellierten, hellen Putti sind charakteristisch für diesen Illuminator. Er verwendete sie auch zur Belebung der großen Bianchi girari-Initiale A zu Beginn des Äneis-Textes und schloss damit unverkennbar an die Kunst des Bartolomeo d’Antonio Varnucci an, vgl. Paris, Bibliothèque nationale de France, Latin 1703, um 1440/45, oder Paris, Bibliothèque nationale de France, Latin 9325, dat. 1456 (Guernelli 2021 ).
Eine weitere Arbeit des Meisters von Cod. 92 ist im undatierten Codex Paris, Bibliothèque nationale de France, Italien 580 überliefert (Giovanni Boccaccio, Teseida, angefertigt im Auftrag des Pascasio Diaz Garlon [um 1420–1499], Bibliothekar und Schatzmeister des Königreichs Neapel). Die Seitenränder der “Teseida” wurden von vier Illuminatoren mit Bianchi girari-Schmuck versehen: Der Dekor der ersten Seiten wurde zunächst Giovanni d’Antonio Varnucci (1416–1457) zugeschrieben, der gemeinsam mit seinen Brüdern Bartolomeo und Chimenti eine florierende Werkstatt bei der Badia Fiorentina betrieb (die Zuschreibung an Giovanni basiert allerdings noch auf älterer Literatur, s. De Marinis 1952; Levi d’Ancona 1962; Garzelli 1985). Von diesem Meister stammen hier die Bordüren auf fol. 1r und 4r. Von Gioacchino de Gigantibus wurden danach fol. 23r, fol. 61v, fol. 76r verziert (Johannes Rieß bzw. aus Ries bei Rothenburg, dok. 1450–1485, s. Pasut 2004). Von Hand des Meisters, der Cod. 92 illuminierte, stammen die meisten Verzierungen der “Teseida”, nämlich jene auf fol. 33v, fol. 34v, fol. 35v, fol. 36v, fol. 48v, fol. 136r, fol. 152r und fol. 164v. Von einem weiteren Mitarbeiter, dessen Formenvokabular jenem Filippo Torellis (1409–1468; s. Cod. 170) ähnlich ist, wurden fol. 86v, fol. 106v fol. 124v verziert.
Die Bianchi girari des ersten Meisters der “Teseida” stimmen stilistisch vollkommen mit jenen überein, die auch die undatierten “Trionfi e Rime” des Francesco Petrarca zieren (Florenz, BNC, Pal. 192). Diese wurden ursprünglich Giovianni Varnucci zugeschrieben (s. bspw. Garzelli 1985, 29), von Angela Dilon Bussi jedoch überzeugend Battista di Niccolò da Padova zugeordnet, der nachweislich seit 1447 in Florenz mit den Brüdern Varnucci sowie mit Zanobi Strozzi und Ser Ricciardo di Nanni für die Domopera zusammengearbeitet hatte (der jüngere Ricciardo hat von ihm gelernt und viel übernommen, z.B. die Vögel, die den Betrachtern ihr Brustgefieder präsentieren, aber auch das Motivrepertoire für die Gestaltung der Weißranken). Angesichts der Lebensdaten Battistas, der 1452 verstorben ist, datierte Dillon Bussi die “Trionfi” um 1450 (Dillon Bussi 1998, 110). Diese Datierung geht auch mit der Tatsache überein, dass Gioacchino de Gigantibus hier ebenfalls am Buchschmuck mitwirkte (fol. 51r und fol. 169r). Letzterer schuf kurz danach die Verzierungen des (Pseudo-)Aristoteles-Bandes für Papst Nikolaus V. (†1455), woraus wir schließen, dass er noch vor 1455 von Florenz nach Rom übersiedelt ist (dazu genauer in der Beschreibung zu Cod. 292; BAV, Vat. lat. 2096). Sowohl die “Teseida” als auch die “Trionfi” mussten daher in Arbeit gewesen sein, als sich der bayerische Kalligraph Gioacchino de Gigantibus noch in Florenz aufhielt. Eine stilistisch zugehörige, zur Gänze von Battista di Niccolò da Padova illuminierte theologische Sammelhandschrift (BAV, Vat. lat. 348; dat. 1449) unterstützt die Datierung der genannten Codices um 1450 bzw. in die frühen 1450er Jahre.
Cod. 92, den Hermann Julius Hermann zunächst in das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts datierte (Hermann 1932, 33), war ohne Zweifel ein Produkt der Varnucci-Werkstatt der Zeit um 1450. Dafür sprechen die oben beschriebenen motivischen Übernahmen und Rankenformen aus dem Werk des Bartolomeo Varnucci sowie auch die zahlreichen kleineren, kräftig gelb konturierten Blattgold-Initialen dieses Codex, die gleichermaßen typisch für die auf ornamentiertem Grund liegenden Blattgold-Initialen in Paris, Bibliothèque nationale de France, Italien 580 und Florenz, BNC, Pal. 192 sind.
Die Wiener Corvinen. Beschreibung von Wien, ÖNB, Cod. 92. Version 0.1, 8.5.2025. URL: https://digi-doc.onb.ac.at/fedora/objects/o:crv.cod-92/methods/sdef:TEI/get
Verantwortlich für die BeschreibungIvana Dobcheva (Kodikologie), Katharina Kaska (Kodikologie), Marianne Rozsondai (Einband), Friedrich Simader (Geschichte), Maria Theisen (Buchschmuck), Edina Zsupán (Texterschließung, Literaturerfassung)
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